Die Deutsche Orient-Gesellschaft ist 1898 in Berlin gegründet worden. Sie sollte Forschungen auf dem Gebiet der orientalischen Altertumskunde fördern und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Den historischen Hintergrund bildete das in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. stark gestiegene Interesse der Allgemeinheit an den "Ländern der Bibel", in denen seinerzeit vornehmlich Engländer und Franzosen aufsehenerregende Entdeckungen machten.
James Simon, Gründer und Mäzen der DOG, Deutsche Orient-Gesellschaft |
So wurde es in Berlin als Mangel empfunden, daß es in Deutschland bis ans Ende des 19. Jhs. kein Museum gab, das über eine größere Sammlung altorientalischer Kunst verfügte, wie das Britische Museum und der Louvre sie seit langem besaßen. Anfangs bildete deshalb einen wichtigen Bestandteil der Arbeit der DOG die Unterstützung der Königlichen Museen zu Berlin in ihren auf die Erwerbung orientalischer Altertümer, Kunst- und Kulturdenkmäler gerichteten Bestrebungen.
Ein Gründervater der DOG ist der Berliner Textilgroßhändler, Kunstliebhaber und Mäzen James Simon. Seinen Beziehungen zu Wirtschaft, Bankensektor und Industrie ist es zu verdanken, daß schon bald viele bekannte und begüterte Persönlichkeiten Mitglied der DOG geworden sind, wodurch der Verein in die Lage versetzt wurde, Ausgrabungen im Orient aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Mit der Erforschung von Babylon konnte sofort ein größeres Unternehmen begonnen werden. Von 1898 bis 1917 sind in Babylon unter der Leitung von Robert Koldewey so bedeutende Bauwerke wie die heute im Vorderasiatischen Museum Berlin zu besichtigende Prozessionsstraße mit dem Ischtar-Tor, die Paläste Nebukadnezars und der berühmte Turm zu Babel freigelegt worden.
Babylon, Beginn der Arbeiten am Ischtar-Tor, © DOG |
Im Jahre 1901 übernahm der an der Archäologie außerordentlich interessierte Kaiser Wilhelm II. das Protektorat über die DOG, was beträchtliche Zuwendungen aus dem kaiserlichen Dispositionsfonds zur Folge hatte. Aber auch Zuschüsse der Preußischen Staatsregierung verhalfen neben reichen Spenden zu einer soliden finanziellen Basis für die vielfältigen Unternehmungen der Gesellschaft.
Als Ableger der Babylon-Expedition fanden 1902-1903 weitere Untersuchungen in Borsippa, wo die Reste eines Tempelturmes noch hoch und auf große Entfernung sichtbar anstanden, und in Fara, dem alten Schuruppak, statt. Fara war nach der keilschriftlichen Überlieferung die Heimat des Sintfluthelden Utnapischtim, des Pendants des biblischen Noah. Die Grabungen erbrachten Hausgrundrisse aus dem 3. Jt. v. Chr. mit reichen Fundinventaren, darunter auch Tontafelarchive.
Abusir el-Meleq, Vorgeschichtliche Schminkpaletten , © Ägyptisches Museum Berlin / M. Büsing |
Hattusa, Zwei Unterweltsgötter aus dem Felsheiligtum Yazilikaya, © Prof. Dr. Gernot Wilhelm |
Schon früh dehnte die DOG ihre Aktivität auf Ägypten aus. Ab 1902 finanzierte sie die Arbeiten von Ludwig Borchardt in einem Pyramidenfeld der 5. Dynastie bei Abusir. Einige Jahre später folgte die Ausgrabung eines vorgeschichtlichen Friedhofs in Abusir el-Meleq. Den Höhepunkt und einstweiligen Abschluß der Betätigung der DOG in Ägypten bildete 1911-1914 die Ausgrabung in Tell el-Amarna, der in der 18. Dynastie unter Echnaton neu gegründeten Hauptstadt des Pharaonenreiches. Hierbei kam es zur Freilegung der Werkstatt des Bildhauers Thutmose, aus der auch die berühmte Büste der Königin Nofretete stammt.
Zwischen 1903 und 1909 förderte die DOG auch archäologische Untersuchungen in Palästina. Es kam zu finanziellen Beteiligungen an den Grabungen in Megiddo und Tell es-Sultan, dem biblischen Jericho, sowie einer Erforschung der Ruinen galiläischer Synagogen.
In Kleinasien unterstützte die DOG die 1906 von Hugo Winckler und Theodor Makridi begonnenen Ausgrabungen in der Hethiterhauptstadt Hattusa. Von Anfang an erbrachten die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Archäologischen Institut durchgeführten Untersuchungen reiche Architektur-, Skulptur- und Tontafelfunde.