Syrien, 1969-1975
Raum eines Hauses mit Inventar: die zerbrochene Keramik ist wieder zusammengeklebt und an ihrer Fundstelle deponiert worden.
Die Stadtmauer
Von der rund 3 m starken Stadtmauer konnten Teile im Norden und im Westen freigelegt werden. Acht Türme oder Bastionen in annähernd gleichem Abstand schützten die nördliche Front; an der westlichen sind 29 erhalten. An dieser Flanke liegen auch zwei Tore mit rückwärtiger Kammer. Eine Vormauer diente als erstes Hindernis; am südlichen Tor begann ein weiterer, genischter Mauerzug, der wohl die Südstadt, eine Siedlungserweiterung der jüngsten Bauphase, umgab. Sie ist weitgehend der Erosion zum Opfer gefallen.
Das gesamte Stadtgebiet einschließlich der Südstadt mag bis zu 18 ha umfaßt haben. 20 000 qm wurden von uns ausgegraben. Im Modell der Stadt sind sie als dunkle Partien dargestellt. Im Vordergrund ist das Verwaltungszentrum im Tall Qannās zu erkennen."
Straßen, Kanäle und Bautechnik
Der Hausbau in Habuba-Süd richtete sich zunächst sicherlich nach vorgegebenen Grundstücksgrößen, die sich allerdings mit der Zeit veränderten. Im Laufe der Siedlungsentwicklung änderten sich die Hauptwege nur geringfügig in ihrer Führung, eher aber in ihrer Breite. Sie dienten, mit Kanälen versehen, gleichzeitig der Entwässerung der Siedlung. Wir können annehmen, daß die Straßen zunächst in ihren Fluchten als Freiflächen angelegt und dann mit Kies und Kieseln gepflastert wurden.
Mit wenigen Ausnahmen wurden kleine Lehmziegel im «Riemchenformat», das heißt mit quadratischem Querschnitt, verbaut. Die Grundmauern der Häuser sind vielfältig gestaltet: manchmal erheben sie sich auf Sockeln aus verputzten Kalksteinbruchstücken, manchmal stehen sie auf Planierungsebenen wie auch auf Gründungsschichten aus feinem Lehm, oder in Fundamentgräben. Die Fußböden bestehen in der Regel aus Lehmschlag. Die Höfe sind kieselgepflastert und gewöhnlich über eine Drainage entwässert.
Insbesondere im Wohnquartier nahe dem Tall Qannās mit dem Verwaltungsund Kultzentrum und in der «Südstadt» zeigt sich, wie im Lauf der Zeit eine Verdichtung der Bebauung stattfand, indem periphere Freiflächen zugebaut oder auch Höfe unterteilt wurden.
Häuser
Es kommen verschiedene Hausformen vor, wobei solche dominieren, die über einen großen saalartigen Raum verfügen.100 An einer oder beiden Längsseiten liegt jeweils eine Zeile kleinerer Räume. Solche Saalhäuser können durch Räume an einer Stirnseite (einen Kopftrakt) erweitert sein und treten mit unterschiedlichsten Erschließungen auf. Zur festen Einrichtung des Mittelsaales gehören gewöhnlich zwei flache, birnenförmige Feuerstellen. Die Säle zeigen in Größe und Ausstattung einen repräsentativen Charakter. Daneben waren sie sicherlich auch Zentren des täglichen Familienlebens und dienten als Ort häuslicher Arbeiten. Sie konnten sogar der Vorratshaltung dienen, wie die in einem Mittelsaal gefundenen zahlreichen Flaschen mit Getreide zeigen. Die Nebenräume konnten Wirtschaftsfunktionen übernehmen, beispielsweise als Küchen dienen, doch konnten diese auch aus den Häusern heraus in Nebengebäude verlagert sein.
Neben diesen Hausformen gibt es stark abweichende, die auf andere Funktionen schließen lassen. So sind in vier Fällen Saalbauten innen reich mit Wandnischen geschmückt. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um kleinere Quartiersheiligtümer oder Kapellen; auch der «Südtempel» von Qannās ist gleichermaßen gestaltet.
Ferner gibt es Räume, die sich sowohl durch ihre Einbauten wie auch durch Kleinfunde als Werkstatt- oder Lagerbereiche erklären lassen. Aus dem Rahmen fällt ein doppelter Komplex: Jeweils auf voller Breite öffnet sich ein Raum zur Straße, dahinter liegen ein Durchgangszimmer (Registratur?) und dann ein Hof. Über einen quadratischen Zwischenraum sind beide Raumfolgen verbunden. Da das Gebäude am Rande des Verwaltungszentrums und in der Nähe des südlichen Stadttores liegt, könnte man daran denken, daß hier Warenein- und -ausgänge organisiert und registriert wurden. Ein ähnlicher Bau liegt unmittelbar am südlichen Stadttor.