Syrien, seit 1969
Dieses in einem 20 cm hohen Tongefäß versteckte Depot birgt gut erhaltene Waffen und Handwerkszeug der Spätbronzezeit, darunter zwei Dolche, eine Tüllenaxt, ein Dechsel und elf Pfeilspitzen.
Terrakotten und Hortfunde
Neben städtebaulichen und architektonischen Zeugnissen konnte die Palette der materiellen Reste einer frühen orientalischen Stadtkultur umfassend dokumentiert werden: vielfältige Keramik, rundplastische und flachbildliche, figürliche Darstellungen in Terrakotta, Rollsiegel, Waffen aus Bronze und zahlreiche Hausgerätschaften aus Stein und Keramik sowie Schmuck aus Glas, aus Silber und aus Gold, aber auch Knochen, Muscheln, Schnecken, Fischgräten, Haifischzähne, Getreide, Olivenkerne oder Reste von Schilfgeflecht und von Seilen. Nur die Fundgattung der Großplastik ist für Tall Munbāqa, mit Ausnahme eines grob gearbeiteten Torlöwen (?), bisher nicht belegt.
In Ekalte wurden die typischen, in keiner vergleichbaren Ruine so häufig ausgegrabenen Terrakotten nackter Frauen (Abbildung rechts), die meist ihre Brüste halten, aus dem Model geformt. Solche Figuren waren ein typischer Bestandteil der spätbronzezeitlichen Häuser von Ekalte. Es ist unklar, wozu sie dienten. Von der blühenden Handwerkskunst zeugen ausdrucksstarke Darstellungen von Mensch und Tier. Ein Schrein aus Terrakotta (Abbildung rechts) ähnelt in seiner Form den bienenkorbartigen Häusern, wie sie noch heute zwischen Euphrat und Tigris vorkommen. Besonders eindrucksvoll ist ein Terrakottakasten. Ihn schmücken einfach dargestellte Menschen, die Widder umarmen. Ebenso ausdrucksstark ist die einzige, vollständig erhaltene spätbronze-zeitliche Maske aus Terrakotta, die bisher im nordsyrischen Raum gefunden wurde. Sie diente wahrscheinlich rituellen Zwecken. Aus dem gleichen Material wurden Männerköpfe oder Tierfiguren gefertigt. Darstellungen von Lautenspielern und Tänzern sowie Ringern ergänzen das Bild städtischen Lebens und Treibens. Knochenfunde beweisen, daß auch die Jagd erfolgreich war, lag doch die Stadt zwischen den Landschaften einer feuchtwarmen, fruchtbaren Flußaue, wo es syrische Elephanten gab, und den trockenen Hochplateaus der Gazira, wo Löwen und Gazellen lebten.
Von gewissem Wohlstand zeugen mehrere Hortfunde mit Bronzegerätschaft, Dolchen, Pfeilspitzen, Äxten und Werkzeug, aber vor allem der geborgene Schmuck. Kostbarster Fund ist ein 1991 entdeckter, 2,5 kg schwerer Silberhort mit 511 silbernen und zwei goldenen Stücken. Neben Blechen und Drähten enthielt er zahlreiche Ringe, Nadeln, Anhänger (Abb. 155-156) und zwei Tierfiguren. Es war wohl der «Restetopf» eines Silberschmieds, der möglicherweise von Stadt zu Stadt wanderte. 2,5 kg entsprechen 300 Schekeln im damaligen Gewichtssystem. Da wir aus den Tontafeln wissen, daß in Ekalte ein Haus für 50-70 Schekel und ein Feld für 30-60 Schekel verkauft wurde, handelte es sich bei dem Hortfund um ein beträchtliches Vermögen.
Die Schmuckfunde und in den Häusern geborgenes Handwerkszeug legen Zeugnis ab von handwerklicher Geschicklichkeit und von Methoden der Silberbearbeitung, wie wir sie noch heute, nicht nur in den Suks der arabischen Städte, antreffen können. Der außergewöhnliche Fund wurde von Spezialisten des Rheinischen Landesmuseums in Bonn restauriert.
Keilschrifttafeln
Die kostbarsten Quellen sind 86 Tontafeln mit Keilschrift einschließlich Siegelabrollungen aus Privatarchiven. Sie lagen verborgen in «Tresoren» von Häusern, in Mauern oder unter dem Fußboden oder waren aus umgestürzten Gefäßen gefallen und lagen verstreut auf den Fußböden oder auf der Straße. Prof. Walter Mayer (Münster) entzifferte auf mehreren Tafeln den Stadtnamen Ekalte. Die Tontafeln berichten über Kauf und Verkauf von Feldern, Weingärten, Häusern, Schafen oder Sklaven. Belegt sind auch Testamente, sowie Urkunden über Adoptionen und Geldgeschäfte. Oft weisen die Urkunden am Ende lange Zeugenlisten auf. Mehrfach sind die wichtigsten Götter erwähnt: Bacal (30 mal), Da-gan (5 mal) und der mit einem sumerischen Wortzeichen geschriebene Wettergott dIŠKUR (3 mal).
Auch die durch Ausgrabungen bekannten benachbarten Städte - Emar (heute Maskana), Azu (heute Hadïdï) und Tuttul (Tall Bi'a) - werden auf den Tafeln genannt. Ein Schreiber der Tafeln von Munbāqa ist identisch mit demjenigen, der Tafeln signierte, die aus Azu/Tall Hadïdï stammen. Die Wälle dieser gleichfalls spätbronzezeitlichen Stadt, die etwa 5 km stromaufwärts auf dem rechten Ufer des Euphrats liegt, sind von Tall Munbāqa aus gut sichtbar.
Auf den Tafeln werden zwei bislang unbekannte Könige erwähnt. Von seltsamen Bräuchen ist die Rede, etwa vom Brechen des «Hungubrotes» oder vom Salben eines Tisches mit Öl. Angesprochen werden aber auch «weise Männer»(?), eine Gruppe der «Brüder» von Ekalte sowie ein Bürgermeister. Einige Grundstücksgeschäfte reicher Ekaltäer betreffen Stadthäuser, deren Reste jetzt ausgegraben wurden. Eine «Übungs-Tafel» weist auf eine Schreiberschule hin. Etwa 900 überwiegend kanaanäische Namen von Einwohnern der Stadt Ekalte, darunter 28 Frauen, sind auf den Tontafeln verewigt.