Irak, 1898-1917
Rekonstruktion der Hoffront des Thronsaales im Vorderasiatischen Museum in Berlin. Dargestellt sind gelbe Säulen mit doppelten Voluten, durch Palmettranken verbunden, und darüber ein Fries aus Doppelpalmetten.
Die Paläste
Die Ausgrabung des «Kasr», von der sich die Auftraggeber Koldeweys so viel erhofft hatten, war dagegen enttäuschend. Tatsächlich lag hier nach den Aussagen der Inschriften ein Palast Nebukadnezars, der besonders prächtig ausgestattet war. Durch Ziegelraub aber war vieles zerstört, so daß der Grundriß nur teilweise klar wurde. Auch hier hatte der unermüdliche Bauherr Nebukadnezar seine Pläne verändert: Der ursprünglich vorgesehene Palast, von dem immerhin eine 17 m dicke Mauer bereits gebaut war, wurde als zu klein empfunden. Das gesamte Gelände wurde dann durch Bruchziegel um fast 3 m aufgehöht, und auf diese Terrasse setzte man die Fundamente des Palastes, die die Ausgräber noch 15,50 m hoch anstehend vorfanden. In dieser Höhe erst lag der Fußboden des Palastes, von dessen weiterem Aufbau nichts erhalten ist.
Weit ergiebiger war die sog. «Südburg», der eigentliche Königspalast, der im Laufe der Zeit zu einem riesigen Komplex mit fünf Innenhöfen ausgebaut worden war. Fast sieben Jahre lang, von 1900-1906, dauerte hier die Freilegung. Der Hauptzugang lag im Westen, zur Prozessionsstraße hin. Nach Betreten des Palastes konnte man durch Torbauten von einem Hof in den nächsten gelangen. Auf der Südseite des mittleren und mit 55 x 60 m größten Hofes lag der Thronsaal. Er war 52 m breit und 17 m tief, und es ist noch immer umstritten, ob er überwölbt oder von einer Balkenkonstruktion überdeckt war. Gegenüber der Mitteltür befindet sich eine Nische in der Wand, in der gewiß der Thron stand.
Die Hoffront war mit Glasurziegeln verziert, von denen sich so viele Fragmente fanden, daß eine Rekonstruktion möglich war, die heute im Vorderasiatischen Museum in Berlin zu sehen ist.
Bei Betrachtung des Königspalastes können wir das Problem der berühmten Hängenden Gärten der Königin Semi-ramis nicht übergehen, die seit dem Hellenismus als eines der sieben Weltwunder galten. Der jüdisch-römische Schriftsteller Flavius Josephus berichtet über die «Hängenden Gärten» folgendes («Antiquitates» X 11):
«Bei diesem Palast ließ er aus Steinen Anhöhen errichten, denen er die Gestalt von Bergen geben ließ und die er mit allerlei Bäumen bepflanzen ließ. Ferner legte er einen sog.
Babylon war die einzige Stadt, der die Antike gleichzeitig zwei Weltwunder zuschrieb, außer den «Hängenden Gärten» auch die Mauern der Stadt. War der Verlauf der Mauern in weiten Teilen schon durch die Oberflächengestalt erkennbar, so wurde ihre Struktur erst durch die Grabungen seit 1904 geklärt. Dabei ergab sich folgendes: Die Innenstadt war durch einen doppelten Mauerring mit vorgelagertem Graben geschützt. Die äußere Innenstadtmauer war 3,25 m, die innere 6,50 m stark, beide bestanden aus Lehmziegeln. Es gibt Hinweise darauf, daß diese Mauer seit der Mitte des 2. Jts. v. Chr. existierte und die eigentliche Stadtbefestigung war, während die Außenstadt wohl erst während der Zeit des Neubabylonischen Reiches im späten 7. und im 6. Jh. v. Chr. angelegt wurde.