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11. Dezember 2015
Quelle: Wallraf-Richartz-Museum Köln und RWTH Aachen

Sonderausstellung: Palmyra. Was bleibt? (26. Februar - 8. Mai 2016)

 

Vortrag am 3. März 2016 von Herrn Prof. Hermann Parzinger

 

Eine Ausstellungskooperation des Wallraf-Richartz-Museums mit der RWTH Aachen.

Konzeption: Daniel Lohmann, Christian Raabe, Thomas Klinke, Thomas Ketelsen 

 

Die Ausstellung Fragen an Palmyra: Was bleibt? Louis-François Cassas und seine Reise in den Orient 1784/87 gibt anhand von 40 Architekturzeichnungen des französischen Künstlers und Bauforschers Louis-François Cassas (1756-1827), die 1785 in Palmyra entstanden, einen Überblick zu den wichtigsten Monumenten dieser bedeutenden antiken Stadtanlage im Vorderen Orient. Die wechselvolle, von Raub, Zerfall und Zerstörung geprägte Geschichte der Baudenkmäler Palmyras, insbesondere aber die aktuelle Zerstörung der verbliebenen Tempelruinen durch den Vandalismus der Truppen des Islamischen Staates, lassen die Bauzeichnungen von Cassas heute zu wichtigen Zeugnissen einer unwiderruflich für die Menschheit verlorengegangenen Kunst- und Kulturepoche werden. Die physische Zerstörung der Baudenkmäler im syrischen Bürgerkrieg scheint alle kulturgeschichtlichen, bauhistorischen oder ästhetischen Fragen beiseite zu drängen, geht es doch einzig darum, zu retten, was noch zu retten ist − auch wenn die momentane politische Situation in Syrien an ein schnelles Ende des Bürgerkrieges nicht glauben lässt. An erster Stelle jedoch gilt die Trauer den menschlichen Opfern des Bürgerkrieges und den Millionen Flüchtlingen, die, um ihr Leben zu retten, das Land verlassen mussten.

Umso dringender ist unser Anliegen, anhand der Zeichnungen von Louis-François Cassas der Öffentlichkeit nachhaltig zu zeigen, was sich hinter dem wohlklingenden Ortsnamen Palmyra überhaupt verbirgt. Wie sahen die Bauten der antiken Tempelstadt aus? Wie waren sie konstruiert? Und genau diese Fragen waren es, die vor 250 Jahren den französischen Gelehrten Cassas zwischen 1784 und 1787 in den Orient geführt haben. Seine Reiseroute ging von Konstantinopel über Nordsyrien nach Ägypten und Zypern, dann in die Syrische Wüste, den Libanon und schließlich nach Palästina und ein zweites Mal nach Ägypten. In den Monaten Mai und Juni 1785 hielt Cassas sich für vier Wochen in Palmyra auf, wo er viele der antiken Monumente, die damals schon zum Teil zerstört waren, zeichnerisch erfasste, darunter das Bel-Heiligtum, den so genannten Sonnentempel, den Baalshamin-Tempel, die Säulenstraße mit dem berühmten Bogentor und die einzigartigen Turmgräber der antiken Stadt.

Mit Hilfe seiner Zeichenutensilien und Messgeräte war Cassas zeichnerisch bedacht, entsprechende Antworten auf eine ganze Liste an konkreten Fragen zu finden, welche die damalige Gelehrtenwelt seit langem beschäftigte: Dabei ging es im Besonderen um Fragen der Materialästhetik und Bautechnik sowie um die historische Herleitung einzelner Bauformen und Stile, aber auch um den Zusammenhang Palmyras mit der griechisch-römischen Antike. Cassas war einer der ersten gewesen, der diesen Fragen des Abendlandes an den Orient in Palmyra, Baalbek und weiteren Stätten des Nahen Ostens anhand seiner Bauaufnahmen und rekonstruierenden Perspektivzeichnungen nachgegangen ist. Cassas‘ präzise ausgeführte und mitunter farbig lavierte Grundrisse, Aufrisse und Perspektivzeichnungen, die für sich eine hohe ästhetische Anmut besitzen, können als erste Zeugnisse einer genauen Archäologie und Bauforschung angesehen werden. Alle folgenden Generationen an Forschern und Gelehrten standen und stehen bis zum heutigen Tag in der von Cassas ins Leben gerufenen Tradition der Erforschung Palmyras.

Das insgesamt über 80 Zeichnungen umfassende Konvolut ist darüber hinaus ein eindrucksvolles Dokument für ein von Cassas geplantes Stichwerk, das in drei großformatigen Büchern mit über dreihundert Kupferstichen die Denkmäler der Levante den westlichen Gelehrten auf dem Papier zugänglich machen sollte. Aufgrund der französischen Revolution und in Konkurrenz zu Napoleons großer Ägypten-Kampagne stagnierte dieses ambitionierte Großprojekt zunächst. Erst 1804 erschien das Stichwerk Voyage Pittoresque de la Syrie, de la Phénicie, de la Palestine et de la Basse Egypte, für das viele der ausgestellten Zeichnungen als Vorlagen gedient haben.

Die Zeichnungen von Cassas befinden sich heute im Wallraf-Richartz-Museum, Köln und im Getty Research Institute, Los Angeles, das zudem eine große Anzahl von Stichen nach Zeichnungen von Cassas in seiner Sammlung aufbewahrt. Die Ausstellung Fragen an Palmyra: Was bleibt? erinnert somit an die Entdeckung der Wüstenstadt durch die europäische Gelehrtenwelt des 18. Jahrhunderts und an die Faszination, die damals von den antiken Ruinen ausging. Sie bietet einen Einblick in die klassizistische Wahrnehmung der spektakulären Ruinenstätte und macht anhand der zum Teil unfertig gebliebenen Zeichnungen Cassas‘ auch den Entstehungsprozess seines geplanten, aber nur in Teilen tat-sächlich realisierten Stichwerkes Voyage Pittoresque de la Syrie nachvollziehbar.

Auf die Frage Palmyra: Was bleibt? ließe sich angesichts der menschlichen Katastrophe, die sich um die antike Wüstenstadt in den letzten Jahren ereignet hat, eingedenkend eines Diktums von Walter Benjamin sagen: »Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben« – auf Palmyra.

 

 

 

 

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