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Abb. 1: Der Fundort Tawi Said am Rande der Sharqiyah-Wüste.

Abb. 2: Bronzenadel.  

Abb. 3: Wadi Suq-Keramik.  

Abb. 4: Kamele zu Besuch am Fundort.  
Tawi Said, Oman

Oman, 2018

(von Stephanie Döpper)

Der Fundort Tawi Said befindet sich in der Provinz Al-Sharqiyah, etwa 5 km nordwestlich der modernen Stadt Bidiyah am Rande der Sharqiyah-Wüste im Sultanat Oman. Er wurde 1976 von Beatrice de Cardi entdeckt, welche von großen Mengen Wadi Suq-zeitlicher (Mittelbronzezeit, ca. 2000–1600 v. Chr.) und islamischer Keramik berichtete. Zwei Jahre später kehrte sie zurück, um kleinere Ausgrabungen vorzunehmen. Dabei kamen schlecht erhaltene Lehmziegelmauern zum Vorschein, welche jedoch mangels vergesellschafteter Funde zeitlich nicht datiert werden konnten. Seit damals fand der Fundort zahlreiche Erwähnungen in der Fachliteratur als einzige bekannte Siedlung der Wadi Suq-Zeit im Oman. Weitere Untersuchungen gab es jedoch nie.

Im November 2018 fand ein von der Deutschen Orient-Gesellschaft geförderter, dreiwöchiger Survey in Tawi Said unter der Leitung von Stephanie Döpper statt.  Dabei wurde insgesamt eine Fläche von 150 x 125 m in einzelnen Bahnen abgelaufen und alle Funde von der Oberfläche aufgelesen. Dabei wurde jedes Objekt mit einem tragbaren GPS-Gerät eingemessen. Insgesamt wurden auf diese Weise über 8.600 Funde registriert. Die größte Gruppe bilden mit knapp 7.500 Exemplaren Keramikscherben, gefolgt von Muschel- und Schneckenfragmenten, Steinartefakten, Metallobjekten und Schmuck. Eine Besonderheit stellen zwei Stempelsiegel dar.

Nach der vorläufigen Auswertung der Funde lassen sich zwei große chronologische Gruppen ausmachen, die Wadi Suq-Zeit und die spätislamische Zeit. Es ist davon auszugehen, dass in beiden Epochen der Fundort als Siedlungsplatz oder, wie auch schon de Cardi vermutete, als regelmäßig aufgesuchter Lagerplatz mobiler Gruppen diente. Dies wirft die Frage auf, warum gerade ein Ort am Rande einer großen Sandwüste, wo sicherlich kein Ackerbau betrieben werden konnte, ausgewählt wurde. Ein Hinweis auf die Ursachen der Standortwahl können die Überreste aus der Kupferproduktion liefern, die während des Surveys 2018 entdeckt wurden. Andere große Metallverarbeitungsstätten in der Region liegen ebenfalls direkt am Rande der Wüsten. Andere handwerkliche Tätigkeiten, die sich in Tawi Said nachweisen lassen, sind die Herstellung von Schmuckobjekten aus Muschel- und Schneckenschalen und Stein, wie Abfälle, Halbfabrikate und Rohlinge zeigen. Ebenso wurden Steinartefakte hergestellt, wie die gefunden Kerne und Abschläge belegen, jedoch offenbar nicht in größerem Umfang.

Ebenfalls von Interesse sind die Funde, die eine Einbindung von Tawi Said den überregionalen Austausch entlang des Persisch-Arabischen Golfs und des Golfs von Oman belegen. Für die Wadi Suq-Zeit sind dies Indus-Keramik aus dem Bereich des heutigen Pakistan und Indien sowie ein Stempelsiegel, welches Ähnlichkeiten zur Dilmun-Glyptik aus dem heutigen Bahrain zeigt. Die Indus-Keramik sowie einige andere Keramikstücke deuten darüber hinaus an, dass der Siedlungsplatz bereits in der Umm an-Nar-Zeit genutzt wurde. Dies würde Tawi Said nicht nur zur bislang einzigen bekannten Siedlung der Wadi Suq-Zeit im Zentraloman, sondern auch den Übergang zwischen beiden Epochen in dieser Region fassbar machen. Der Survey im November 2018 konnte somit zweifelsfrei belegen, dass der Fundort großes Potential für künftige Untersuchungen besitzt.

Vorläufige Ergebnisse des Surveys sind in den folgenden Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft zu finden:

S. Döpper, MDOG 152

Weitere Informationen: www.archaeoman.de