Abb. 1 Nazarlebi von Nordwesten. Im Hintergrund die Shiraki-Ebene (Foto F. Blocher)
Georgien, 2017
Felix Blocher, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Seminar für Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Felix Blocher) und dem Laboratory for Visual Anthropology and Local History der Ilia State University Tbilisi (ISU) (Paata Bukhrashvili) konnten mit Unterstützung der DOG im September/Oktober 2017 in einer burgartigen Siedlung namens Nazarlebi am Rande der Shiraki-Ebene in Kachetien (Ostgeorgien, 46° 14‘ 20“ O / 41° 20‘ 20“ N) Ausgrabungen durchgeführt werden. Die Feldarbeit begann am 13.09. und endete am 05.10.2017. Insgesamt wurde nur an 16 Tagen gearbeitet, weil fünf Arbeitstage wegen starken Regens ausfielen.
Bei Nazarlebi handelt es sich um einen natürlichen Hügel in Spornlage, der mit Hilfe von Gräben und Wällen zu einer festungsartigen Anlage mit zwei Stufen umgestaltet worden ist (Abb. 1). Der höchste Punkt liegt bei 716,5 m ü. M. Im Westen, zum ansteigenden Hang hin, ist möglicherweise eine Art Halsgraben geschaffen worden. Aus westlicher Richtung zeigt sich auch die imposanteste Ansicht der Anlage. Von der Shiraki-Ebene aus, von Nordosten und Osten, ist der Platz dagegen nicht besonders auffällig. Eine noch offene Frage ist das Ausmaß des Bewuchses in der Antike. Die Anlage wurde schon von mehreren Archäologenteams beprobt, so unter Besarion Maisuradze 1991, Andreas Furtwängler 1997 und Vazha Varazashvili 2007-8. In allen Fällen waren die Ergebnisse so, dass man zu einer Weiterarbeit nicht ermutigt wurde. B. Maisuradze gab immerhin einen Datierungshinweis auf die Späte Bronze- und Frühe Eisenzeit. Weil in der Shiraki-Ebene bereits verschiedene Untersuchungen in Siedlungen und Grabhügeln stattfanden – die jüngste ist diejenige von Kiazo Pitskhelauri in Didnauri – schien es wichtig, auch einmal eine der markanten Höhensiedlungen anzugehen, um die Verbindungen zwischen diesen und jenen zu überprüfen.
Weil nur wenig Zeit zur Verfügung stand, wurde einer der bereits von den Vorgängern angelegten Suchschnitte als Ausgangspunkt unserer Arbeiten gewählt. Die Grabungsfläche liegt an der Ostkante der oberen Wallanlage und somit in einem Bereich, in dem man eigentlich Strukturen erwarten würde. Dieser Schnitt war aber weitgehend steril, abgesehen von Keramik im oberflächennahen Bereich, die von den georgischen Kollegen als spätbronzezeitlich eingeordnet wurde. Am östlichen Rand des Schnitts, zum Wall hin, fanden sich aber immer wieder Aschespuren, und drei Reibsteine zeugten von menschlicher Tätigkeit. Direkt unter der Oberfläche tauchten Steinreihen auf, die sich nach Osten hin fortzusetzen schienen. In der Erweiterung der Grabungsfläche fanden wir einige bescheidene trockene Mauersetzungen aus größeren und kleineren Kieselsteinen in unterschiedlichen Ausrichtungen (Abb. 2). Es könnte sich dabei um primitive „Kästen“ der Konstruktion der Wallanlage handeln. An einer Stelle konnte auch beobachtet werden, dass darüber eine dichte Packung von maximal faustgroßen Kieselsteinen lag.
Nördlich davon, in der Fortsetzung des Walls, befindet sich eine Senke. Diese ist von der Ostseite, also von unten her, gut zu erkennen, und es kann vermutet werden, dass es sich um eine Tor- oder Durchgangssituation handelt (als Verbindung zwischen den Bereichen hinter dem unteren und dem oberen Wall). Unsere Ausgrabung der Senke ergab andere Steinsetzungen als südlich davon auf dem Wall, sie scheinen tatsächlich so zu verlaufen wie der dort vermutete Torweg (Abb. 3). Ein Wegpflaster bzw. eine eindeutige Begehungsfläche konnte jedoch bisher noch nicht gefunden werden. Da, wo im Norden das Gelände wieder zum Wall hin ansteigt, wurde eine weitere kleine Mauer der Art wie die „Kästen“ in der südlichen Wallgrabung gefunden. D.h., vielleicht setzt sich dort die Sitte dieser Hilfsmauern für die Wallkonstruktion fort. Weitere Kleinfunde waren eine bronzene Ahle und zwei bronzene Gewandknöpfe.
Trotz der kurzen Kampagnendauer dürfen die Arbeiten in Nazarlebi als erfolgreich betrachtet werden, denn zum ersten Mal ist es gelungen, Strukturen festzustellen. Es ist geplant, die Arbeiten des georgisch-deutschen Teams im gegenseitigen Einvernehmen 2018 fortzusetzen. Der DOG gilt der Dank des ganzen Grabungsteams für die Ermöglichung dieser Arbeiten.